KMU innovativ

Julia Schlüsselburg: "Wir wollen eine bessere Vernetzung der Betriebe untereinander"

Von Claudia Aldinger | 19. Oktober 2021

Seit April arbeiten Vertreter von Kommunen und Unternehmen aus der Altmark sowie ein Team der Hochschule Harz an digitalen Ideen für das Handwerk. Besser gesagt: Es geht darum herauszufinden, welche Lösungen passend und somit nachhaltig sind. Für Julia Schlüsselburg als Wirtschaftsförderin der Hansestadt Gardelegen liefert das Projekt "PaGeR" wichtige Orientierungspunkte.

Frau Schlüsselburg, welche Rolle spielt die Hansestadt Gardelegen im Projekt "PaGeR"?

Wir waren bzw. sind Fürsprecher des Projekts und sind das Sprachrohr zu den hiesigen Handwerksbetrieben. Für uns als Multiplikator geht es in erster Linie darum, die Betriebe über das Projekt zu informieren und für die Evaluation von Daten zu gewinnen. Somit unterstützen wir das Projekt bei den Workshops, indem wir unsere Erfahrungen, aber auch Erwartungen an das Projekt einbringen.

Was erhofft sich die Stadt von dem Projekt?

Nach der Wende wurde das erste Gewerbegebiet in der Hansestadt Gardelegen erschlossen und sehr schnell war dieses rasch gefüllt mit zahlreichen Handwerksbetrieben, vor allem aus der Bauwirtschaft, aber auch mit Handelsbetrieben wie Auto- und Möbelhäusern. Aktuell steht uns ein Generationenwechsel in der Führung bevor bzw. geht es um die Nachfolgesicherung. Für uns als Stadtverwaltung ist es natürlich wichtig, in erster Linie die bestehende Wirtschaftsstruktur zu erhalten und den zukünftigen Arbeitskräften einen attraktiven Arbeits- und Wohnstandort zu bieten. Auch dazu kann ein Netzwerk einen Beitrag leisten. Zudem erhoffen wir uns durch den regelmäßigen Austausch mit den Betrieben neue Impulse für Ideen zu erhalten, die wir im Rahmen des Stadtmarketings umsetzen können. Weiterhin wünschen wir uns, dass durch die gemeinsame Zusammenarbeit im Projekt für die Zukunft eine gewisse Steigerung der Partizipation der Betriebe bei Angeboten der regionalen Wirtschaftsförderungen erreicht wird.

Sie denken also durchaus an Effekte für den Wirtschaftsstandort?

Ich denke, unsere Konkurrenzfähigkeit als Wirtschaftsstandort wird sich auch daran entscheiden, wie gut die Betriebe ihren Fachkräftebedarf gesichert bekommen, wie sie in ihrem Betrieb den digitalen Wandel gestalten, aber auch regional zusammenhalten. Wir konkurrieren hier stark mit den Industriearbeitsplätzen im nahegelegenen Wolfsburg. Wenn wir ein starkes Netzwerk haben, das Ideen sowohl für Arbeits- als auch Lebensqualität entwickelt und umsetzt, wäre das ein Zeichen für den ganzen Standort und für die Region.

"Für uns als Stadtverwaltung ist es natürlich wichtig, in erster Linie die bestehende Wirtschaftsstruktur zu erhalten und den zukünftigen Arbeitskräften einen attraktiven Arbeits- und Wohnstandort zu bieten. Auch dazu kann ein Netzwerk einen Beitrag leisten. "

Julia Schlüsselburg

spc

Aber gibt es nicht schon Netzwerke von verschiedenen Wirtschaftsverbänden?

Ja, natürlich gibt es diese. Für junge Unternehmer:innen und Führungskräfte gibt es etwa die Wirtschaftsjunioren Altmark, darüber hinaus gibt es natürlich auch die Netzwerke der Kammern, die sich um die Themen Nachfolge oder aber auch die Initiative des Landes Sachsen-Anhalt Fachkraft im Fokus zur Fachkräftesicherung kümmern. Zum Teil gibt es natürlich regionale Ansprechpartner:innen, aber dennoch besteht oftmals eine Hemmschwelle sich dorthin zu wenden oder mitzuwirken. Sollte das Projekt in die Umsetzungsphase kommen, sind wir gespannt, wie die Ziele möglichst niedrigschwellig umgesetzt werden können, um eine Partizipation zu erreichen und dabei spielt ein Ansprechpartner vor Ort erfahrungsgemäß eine wichtige Rolle.

Warum machen die Betriebe das nicht von sich aus?

Weil sich jeder um sein Tagesgeschäft kümmern muss und einige sind sich sicherlich trotz des breitgefächerten Angebots unsicher, an wen sie sich wenden sollen Wenn jedoch ein Angebot geschaffen wird, wo man sich persönlich wohlfühlt, keine großen Erwartungen an den Teilnehmer gestellt werden und der Teilnehmer am Tagesende noch etwas Wertvolles für sein Unternehmen erfährt und neue persönliche Kontakte knüpfen kann, so sollte es möglich sein, ein Bündnis zu schaffen, wachsen zu lassen, aus dem wertvolle Ideen entstehen, aber auch Wissen untereinander ausgetauscht wird.

Was konnten Sie bisher aus dem Projekt mitnehmen?

Auch wenn wir im Grunde wissen, dass die größten Probleme der Handwerker beim Thema Fachkräftemangel inklusive Lehrlingsausbildung liegen, war es gut, unter Moderation der Hochschule noch einmal zuzuhören. Von dem Hochschul-Team erhoffen wir uns zum Abschluss des Projekts auch die entscheidenden Hinweise, wie man ein starkes Netzwerk bzw. Bündnis aufbaut und kommuniziert. Aber auch an welche Stellschrauben auf politischer Ebene gedreht werden muss, damit der ländliche Raum dennoch ein attraktiver Wohn- und Arbeitsstandort für alle Generationen bleibt.

Letztlich geht es im Projekt "PaGeR" um die Gestaltung digitaler Lösungen für das Handwerk. Gibt es hier schon Ideen?

Es gibt Gamification-Ansätze, die wir spannend finden. Hier mal einen Flyer auszugeben oder dort mal einen Tag der offenen Tür oder Jobmessen zu veranstalten, das reicht heutzutage nicht mehr, um Lehrlinge oder Fachkräfte für einen Betrieb zu begeistern. Was das sein könnte und wie was funktioniert, sollte zu den ständigen Themen des neuen Bündnisses gehören.

Frau Schlüsselburg, vielen Dank!

spc

Informationen und Kontakt

Julia Schlüsselburg, julia.schluesselburg@gardelegen.de, 03907-716218

Mehr Informationen zum Projekt "PaGeR": https://www.hs-harz.de/forschung/pager

Über die Stadt Hansestadt Gardelegen: https://www.gardelegen.de/

 

 

Text und Bilder (soweit nicht anders benannt): Claudia Aldinger

 

Das Projekt PaGeR wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Programms "WIR! Wandel durch Innovation in der Region" gefördert. Die Akquise des Projekts haben Mitarbeiter:innen des KAT-Netzwerk an der Hochschule Harz/Application Lab unterstützt.